Leprosenhaus Leutkirch

Ehemaliges Leprosenhaus der Stadt Leutkirch

Leprosenhaus Leutkirch
Siechenhausweg 8
88299 Leutkirch im Allgäu

Das Leprosenhaus lag früher unmittelbar an der Grenze der freien Reichsstadt, knapp außerhalb ihres Hoheitsgebietes. Auf dem Merianstich von 1642, der den Einzug der Schweden im 30-jährigen Krieg abbildet, ist das Anwesen am linken Bildrand zu erkennen. Es bestand aus drei Teilen,
dem eigentlichen Leprosenhaus, der Leonhardskirche und einem Friedhof, auf dem neben verstorbenen Leprosen auch Personen aus der Landvogtei beerdigt wurden. Neben dem Hospital zum Heiligen Geist ist dies eines der bedeutendsten Zeugnisse der Leutkircher Sozialgeschichte. Ein ­Siechen- und Leprosenhaus gab es in Leutkirch schon in der Blütezeit der freien Reichsstadt um 1400. Die Sankt Leonhardspflege, eine kirch­liche Stiftung, wurde 1419 gegründet und umfasste neben finanziellen Zuwendungen ­Erträge aus Wäldern und Wiesen. Die Leonhardskirche wurde 1818 abge­rissen, der Friedhof aufgelöst.

Lepra, eine Volkskrankheit seit dem Mittelalter

Der Name Leprosenhaus kommt von Lepra, einer bakteriellen Infektionskrankheit mit der größten Ausbreitung im 13. und 14. Jahrhundert. Dabei handelt es sich um verschiedene Formen von Aussatz, für den es bis zum 19. Jahrhundert keine Heilung gab. Im Gegensatz zur Pest konnte der Knollenaussatz als Krankheit bis zu neun, der Nervenaussatz bis zu zwanzig Jahre dauern. Leprakranke wurden wegen der hohen Ansteckungs­gefahr von der Gemeinschaft ausgeschlossen und in besonderen Heimen außerhalb der Stadt untergebracht und versorgt. Leprosenhäuser lagen meist an Ausfallstraßen, wo die Kranken mit Betteln und dem Verkauf
von landwirtschaftlichen Produkten zu ihrem Unterhalt beitragen konnten.
In allen Städten und größeren Gemeinden gab es solche Häuser mit ­Kapellen und Friedhöfen, in unserer Nachbarschaft in Bad Wurzach, Isny, Kempten, Kißlegg, Memmingen und Wangen.

Das heutige Leprosenhaus

Das Gebäude in der Memminger Straße 89 ist ein eingeschossiger Massiv­bau mit 3 Dachgeschossen. Es wurde an der Stelle von älteren Vorgängerbauten etwa ab 1500 errichtet, mehrfach verändert und erweitert. Ab 1818, als die Krankheit hierzulande besiegt war und keine Patienten mehr eingeliefert wurden, diente es zunächst als Haus für Arme und „Wahn­sinnige“. Im 20. Jahrhundert wurde es zu Wohnzwecken umgebaut. Seit 1995 stand das Gebäude leer und sollte wegen seines schlechten Zustands abgerissen ­werden.

Rettung durch die Heimatpflege Leutkirch e.V.

Das ehemalige Leprosenhaus ist ein eingetragenes Kulturdenkmal und nicht nur wegen seiner heimatgeschichtlichen Bedeutung für die Stadt Leutkirch ein unentbehrliches Zeugnis der Geschichte. Um es der Nachwelt zu erhalten, übernahm 2010 die Heimatpflege Leutkirch das Anwesen von der Stadt Leutkirch im Erbbaurecht auf 30 Jahre. Mit Finanzmitteln des Vereins und beträchtlicher Eigenleistung wurde das Haus entrümpelt und störende Einbauten sowie allerlei „Zutaten“ auf den umliegenden Frei­flächen entfernt. Des Weiteren wurden im Inneren Wände und Decken ­gesäubert und der Dachstuhl, in dem Notwohnungen eingerichtet waren, freigelegt. Zurzeit nutzt der Verein das Gebäude vor allem als Magazin für das ebenfalls von ihm betreute Museum im Bock.

Heimatpflege Leutkirch e.V.
Konzeption, Fotos und Zeichnungen: Georg Zimmer
Hausforschung Dr.-Ing. Stefan Uhl, Warthausen
Quellennachweis: Stadtarchiv Leutkirch im Allgäu
Literatur: Emil Vogler Leutkirch im Allgäu im Spiegel der Jahrhunderte 1963

Museum im Bock | Glasmuseum Schmidsfelden | Leprosenhaus